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Donnerstag, 25. August 2016
„Wir gehen in den Sport“
Am diesen Geräten können gleichzeitig die Hände und Füße trainiert werden
Im ASB Therapiezentrum im Bauerviertel gibt es Einzeltherapien. Im Trainingsraum in den Ulmer Hausgemeinschaften können Gruppen unter Fachanleitung gemeinsam trainieren. Das bedeutet mehr Spaß und ein Gefühl der Normalität.
„Metallica oder AC/DC?“, fragt Tobias Babiarz und legt auf Wunsch „Nothing Else Matters“ auf. Dabei ist er kein Diskjockey, sondern Physiotherapeut und er leitet gemeinsam mit Annegret Heuschmid, Physiotherapeutin und Leiterin des Therapiezentrums, die heutige Gruppe. Und damit es besser klappt, gibt es ein Wunschkonzert beim Treten, Stehen und Muskeln aufbauen.
Bis zu sechs junge Bewohner aus dem vierten Stock der Hausgemeinschaft können gemeinsam trainieren. Die meisten sitzen im Rollstuhl und da kostet das Umsetzen auf die Geräte viel Zeit. Bei der mobileren Gruppe aus dem Betreuten Wohnen, die ebenfalls wöchentlich kommt, können bis zu 12 Personen teilnehmen, da hier auch ein Stuhlkreis mit angeleitetem Turnen möglich ist. Das Prinzip bei beiden Gruppen: „Jeder macht, was er kann“, so Tobias Babiarz. Zur Auswahl stehen ein Laufband, ein Multifunktionsgerät, ein Posturomed, auf dem das Gleichgewicht trainiert werden kann, ein Motomed, auf dem Arme und Beine gleichzeitig trainiert werden können, diverse Kleingeräte und ein normaler und ein elektrischer Stehtisch sowie ein Stehbett. „Für einen Körper, der normalerweise nur sitzt, ist es sehr wichtig, diesen aufzurichten. Im Stehen trainiert man den ganzen Körper, die Knochen, Gefäße, Muskulatur und das gesamte Herzkreislaufsystem“, so Annegret Heuschmid. Manch schwer behinderter Mensch, der das erste Mal auf dem Stehbett fixiert und hochgekippt wurde, konnte das gar nicht fassen. „Das ist der Wahn!“, sagte einmal einer der Klienten.
Das Ziel bei allen Übungen ist nicht nur Muskulatur Aufbau, auch die Ausdauer soll trainiert werden. So erzählt Tobias Schneider*, dass er zu Beginn nur 10 Minuten an dem Stehtisch stehen konnte und danach total fertig war. Heute schafft er es eine ganze Stunde und kann sogar noch nebenbei Ball spielen. Das motiviert natürlich. Neben dem körperlichen Aspekt spielt die Psyche auch eine große Rolle. „Sie sagen immer, sie gehen in den Sport. So wie früher, als sie eben noch nicht im Rollstuhl saßen. Es ist ein Stück zurückeroberte Normalität“, so Annegret Heuschmid. „Wir kommunizieren ja auch als nebenbei, holen die Leute raus aus dem Alltag. Da wirkt auch die Gruppe.“ Und so ist es zu verstehen, dass die Fitnessgruppe sich nicht freut, wenn an einem Donnerstag ein Feiertag ist. „Da wird sogar geschimpft und sehr bedauert, dass man eine Woche länger warten muss.“ (ela)
*Name geändert